GNGmbH-Geschäftsführer Roland Kölsch im Interview

Was hat den neuen Geschäftsführer der GNGmbH dazu bewogen, sich für das FNG-Siegel zu engagieren? Was sind aus seiner Sicht und vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung mit Nachhaltigen Geldanlagen die Stärken des Standards für Nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum? Warum braucht der Markt diesen Standard und wohin werden sich die Zertifizierung und die GNGmbH selbst in den nächsten Jahren entwickeln? Diese und andere Fragen beantwortet Roland Kölsch, Geschäftsführer der GNGmbH, im Interview mit dem FNG.

FNG: Herr Kölsch, Sie sind Bankkaufmann und studierter Betriebswirt und können auf mehr als zehn Jahre Erfahrung mit Nachhaltigen Geldanlagen zurückblicken. An welchem Punkt ist es Ihnen persönlich klar geworden, dass Qualitätssicherung und Standards für die Weiterentwicklung des Markts von zentraler Bedeutung sind?

Kölsch: Zugegeben: In den Anfangsjahren meiner Tätigkeit als Nachhaltigkeits-Portfoliomanager habe ich Siegel strikt abgelehnt. Beispielsweise erinnere ich mich an die Diskussion, den „Blauen Engel“ auch für Nachhaltige Geldanlagen zu nutzen. Da der Markt damals noch sehr klein und übersichtlich war und die einschlägigen Akteure und deren Nachhaltigkeitsfonds in der Szene bekannt waren, gab es zu dieser Zeit einfach keine Notwendigkeit für Zertifizierungen. Die Anleger, die sich für nachhaltige Investments interessierten, waren damals meist Überzeugungstäter und brachten die nötige Fachkenntnis mit, um sich selbst ein Bild von der Qualität des jeweiligen Nachhaltigkeitsfonds zu machen.

In den letzten Jahren war jedoch bei Nachhaltigen Geldanlagen erfreulicherweise ein deutlicher Schub von der Nische in Richtung Mainstream zu beobachten. Viele Anbieter – auch große Häuser, die von vielen wahrscheinlich nicht direkt mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werden – bieten vermehrt zumindest einzelne nachhaltige Produkte an.

Gleichzeitig ist auf der Nachfrageseite einiges in Bewegung. Ganz normale Anleger, die sich selbst nicht unbedingt als Gutmenschen oder Überzeugungstäter sehen, werden auf Nachhaltige Geldanlagen aufmerksam. Hierfür gibt es mehrere Gründe. So sind die Themen Verantwortung, Zukunftsbewusstsein und Generationengerechtigkeit zunehmend Inhalt öffentlicher Debatten. Auch der Beitrag der Wissenschaft war und ist zentral. Die zahlreichen empirischen Studien zu Performance von Nachhaltigen Geldanlagen haben viel dafür geleistet, das gängige Vorurteil, Nachhaltigkeit koste Rendite, zu widerlegen.

Mit der Zeit ist somit deutlich geworden: Transparenz alleine – wie Sie etwa der Transparenz Kodex von Eurosif oder das FNG-Nachhaltigkeitsprofil schaffen – reicht in dem zunehmend unübersichtlichen werdenden Markt einfach nicht mehr aus. Vielmehr bedarf es nun eines weiteren Schrittes, der Anlegern Orientierung bietet.

Um ein Beispiel zu nennen: Der ethisch-ökologisch orientierte Verbraucher kann aufgrund der transparent aufgelisteten Inhaltsstoffe eines Lebensmittels selbst einschätzen, ob der eingekaufte Brotaufstrich, Joghurt oder Saft gesundheitsgefährdende Stoffe beinhaltet. Dies kostet aber Zeit und Mühe, die der durchschnittliche Verbraucher nicht investieren kann und will. Er vertraut deshalb auf Siegel – auch wenn es gerade im Lebensmittelbereich aufgrund der vielfältigen Zertifizierungen mittlerweile das Problem eines Siegeldschungels gibt.

Bei Nachhaltigen Geldanlagen gab es speziell für Deutschland und den deutschsprachigen Markt insgesamt bislang kein Siegel und damit auch keinen Ansatz, um Herausforderungen wie hohe Informationskosten, Greenwashing und Orientierung in einem zunehmend komplexen Markt anzugehen. Hier setzt das FNG-Siegel an: Es nimmt dem Anleger einen guten Teil des Rechercheaufwands ab und schafft durch die klare Ausrichtung auf Qualität Vertrauen. Damit verhindert es zugleich, dass der Anleger Mogelpackungen in seinem Depot wiederfindet und dem so genannten Greenwashing aufsitzt.

FNG: Was hat Sie konkret am FNG-Siegel für nachhaltige Fonds überzeugt?

Kölsch: Aus meiner Erfahrung mit der Verwaltung und Beratung von nachhaltigen Publikumsfonds sowie institutioneller Mandate in mehreren europäischen Ländern kenne ich die zentrale Bedeutung der Infrastruktur um den Fonds herum. Es reicht nicht aus, sich alleine auf die Einzeltitel des Portfolios zu konzentrieren. Vielmehr sind viele weitere Aspekte von entscheidender Relevanz: Der Investmentprozess, das Research, die Integration externer Expertise über einen Beirat, der Umgang mit den Aktionärsrechten, der Dialog mit den investierten Unternehmen, die gesamte Philosophie einer Fondsgesellschaft zu Nachhaltigen Geldanlagen und nicht zuletzt auch das Budget und die personellen Ressourcen im Vergleich zum Gesamtbudget und zur Gesamtbelegschaft, die der Fondsanbieter dem Nachhaltigkeitsteam zur Verfügung stellt.

Der unabhängige Auditor des FNG-Siegels, Novethic, berücksichtigt und analysiert diese Vielschichtigkeit auf den unterschiedlichen Ebenen und in den verschiedenen Elementen des Fonds sehr detailliert. Zusätzlich bringt ein externes und interdisziplinäres Komitee seine Fachkenntnisse in den Auditingprozess ein. Dies, zusammen mit der vom Fachverband FNG in einem intensiven Stakeholder-Prozess entwickelten anspruchsvollen Methodik, hat mich dazu motiviert und davon überzeugt, dieses ganzheitliche Siegel mit gesundem Selbstbewusstsein weiter vermarkten zu wollen.

FNG: Sie sind nunmehr bald zwei Monate Geschäftsführer der GNGmbH – Gesellschaft für Qualitätssicherung Nachhaltiger Geldanlagen, die als hundertprozentige FNG-Tochter für das FNG-Siegel verantwortlich ist. Was haben Ihnen die Anbieter, Finanzberater und Anleger in Ihren täglichen Gesprächen bisher über das FNG-Siegel anvertraut, wo liegen seine Stärken, wo gibt es Entwicklungspotenziale?

Kölsch: Mit ersten Fondsanbietern habe ich mich während einer einwöchigen Roadshow in Frankfurt über das FNG-Siegel ausgetauscht. Darüber hinaus konnte ich viele Kontakte auf dem Fondskongress in Mannheim knüpfen und den Dialog mit Privatkunden auf dem Börsentag in Frankfurt suchen. Die Rückmeldungen, Eindrücke, Anliegen und Einschätzungen sind sehr verschieden.

Beispielsweise hat mir eine große Fondsgesellschaft bestätigt, dass ein objektives und unabhängiges Siegel von zentraler Bedeutung für die Glaubwürdigkeit von nachhaltigen Anlageprodukten ist. Eine Zertifizierung helfe den Beratern vor Ort, in Sachen Nachhaltigkeitsfonds zu beraten. Aus diesem Grund plant dieser Anbieter auch, seine Produkte zunehmend zertifizieren zu lassen.

Was von vielen Marktakteuren noch etwas zurückhaltender bewertet wird, ist die Bekanntheit des FNG-Siegels. Vor allem Anbieter von Ratings, die bereits seit längerem etabliert sind, seien bei den Finanzberatern präsenter und würden häufiger verwendet, heißt es. Jedoch können einige diesem Umstand auch Positives abgewinnen. Fondsanbieter erhielten so die Möglichkeit, erste Erfahrungen mit einem Nachhaltigkeitsrating zu sammeln, um sich dann in einem zweiten Schritt in Richtung Qualitätssiegel weiter zu entwickeln.

Sehr positive Rückmeldungen habe ich zu dem Test-Auditing erhalten, das die GNGmbH seit diesem Jahr anbietet. Damit sind in erster Linie Anbieter angesprochen, die sich langsam an das FNG-Siegel herantasten wollen. Das Angebot gewährt die Möglichkeit, erst einmal zu testen, wie ein Produkt im Auditing abschneidet, um dann in dezidierten Audit-Feedbacks eine Analyse der Stärken und Schwächen zu erhalten. Im zweiten Jahr kann dann die Bewerbung um das FNG-Siegel angegangen werden.

Gerade auch der durch das Auditing und die Feedback-Runden unterstütze Lernprozess wird generell als hilfreich eingeschätzt. Das FNG-Siegel definiert Best Practice, dies vor allem durch das Stufenmodell und die bis zu drei Sterne, die Bewerber erreichen können. Den Fondsanbietern hilft dies, zu erkennen, wo sie im Vergleich zu Mitbewerbern stehen und wie es um die Qualität ihrer Nachhaltigkeitsfonds bestellt ist.

Insbesondere Fondsgesellschaften aus nicht-deutschsprachigen Ländern, deren Produkte aber zum Vertrieb in Deutschland, Österreich und/oder der Schweiz zugelassen sind, schätzen den Nutzen des FNG-Siegels. So betonen sie einstimmig, dass mit der Kompetenzplattform FNG und der Bewerbung mit dem FNG-Siegel eine zusätzliche Sichtbarkeit auf den deutschsprachigen Märkten erzielt werden kann.

Im Gegensatz dazu setzen gerade alt eingesessene Akteure und Urgesteine der Nachhaltigkeitsszene auf den direkten Kontakt mit ihren Kunden, in dessen Rahmen sie angeben, hinreichend über die Nachhaltigkeitsqualität der eigenen Produkte informieren zu können. Diese Anbieter sehen bislang nicht die Notwendigkeit, ihre Fonds zertifizieren zu lassen.

Es ist grundsätzlich viel Bewegung in der Debatte, viel Raum für Marktwachstum und die Entwicklung und Weiterentwicklung nachhaltiger Anlageprodukte sowie für die weitere Etablierung des Standards für Nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum. Insgesamt freut es mich, dass die Qualität des FNG-Siegels in meinen bisherigen Gesprächen überall bestätigt wurde.

FNG: Neben dem FNG-Siegel ist die GNGmbH ganz allgemein zur Entwicklung von Standards und Methoden im Bereich Nachhaltiger Geldanlagen gegründet worden. Was sind ihre Pläne und Ziele über das FNG-Siegel für nachhaltige Publikumsfons hinaus?

Kölsch: Bei der Entwicklung des Konzepts für das FNG-Siegel war es von Beginn an eine Grundidee, auch eine Zertifizierung für institutionelle, teils maßgeschneiderte Mandate anzustreben. Dies soll gerade mit Blick auf Berichtspflichten Unterstützung leisten. Wir werden dieses Thema in Rücksprache mit den jeweiligen Fondsgesellschaften im Sommer diesen Jahres angehen.

Ein anderes Thema ist ein Qualitätsstandard für Nachhaltige Geldanlagen auf europäischer Ebene. Das FNG-Siegel kann hierfür aus unterschiedlichen Gründen die Basis bilden. So ist durch die Kooperation von Novethic, einem Pionier der Zertifizierung Nachhaltiger Geldanlagen und ein in der Branche bekanntes Research-Haus, mit dem FNG der Grundstein für eine produktive deutsch-französische Achse in diesem Bereich gelegt. Hierbei bringt sich das FNG als Fachverband für Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und als kräftige Stimme innerhalb des europäischen Dachverbands Eurosif ein. Die vor kurzem erstmalig zusammen gekommene High-Level Expert Group der EU-Kommission, in der neben der Novethic-Chefin Anne-Catherine Husson-Traore auch Eurosif-Geschäftsführerin Flavia Micilotta vertreten ist, wird diesem Thema sicherlich ebenfalls Platz einräumen.

FNG: Zum Abschluss ein Ausblick in die weitere Zukunft: Wo sehen Sie das FNG-Siegel und die GNGmbH heute in zehn Jahren?

Kölsch: Die zentrale Herausforderung in den nächsten zwei Jahren wird es sein, die Sichtbarkeit des FNG- Siegels und seine Marktdurchdringung weiter zu erhöhen. Daran arbeiten wir aktuell in der GNGmbH in Zusammenarbeit mit dem FNG. Hier konnten wir bereits Erfolge erzielen. Beispielsweise kooperieren wir bereits mit vier großen Fondsplattformen und auch Anfragen seitens der Medien nehmen stetig zu. Am 13. Februar ist beispielsweise im Anlegermagazin Mein Geld ein Beitrag zum FNG-Siegel (siehe Seite 16) erschienen.

Allerdings gibt es hier noch viel zu tun. Es muss das Ziel sein, dass FNG-Siegel zu einer Marke zu entwickeln, die nicht nur in der Branche, sondern auch bei der Mehrheit der Privatanleger als das Synonym für Nachhaltige Geldanlagen bekannt und geschätzt ist.

Vorausgesetzt die Fondsanbieter, Anleger und Investoren nehmen Nachhaltigkeit ernst und nutzen sie nicht nur als Feigenblatt: Dann werden die Ganzheitlichkeit und Analysetiefe und somit die Qualität des FNG-Siegels immer stärker anerkannt werden. Die höchste Auszeichnung des Siegels, drei Sterne, wird als Best Practice immer stärker Anerkennung erfahren und sich mit dem Siegel als DER Standard im Markt fest etablieren. Es bedarf dann keiner staatlichen Vorgabe mehr, die ansonsten unweigerlich kommen würde. Dies ist meine Hoffnung für die Zukunft: Dass sich das FNG-Siegel im Jahr 2027 also als ein gelungener Beleg der Selbstregulierung aus der Branche heraus erweisen wird.

Das Interview führte Gesa Vögele

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Der Qualitätsstandard für Nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum.

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