Woran erkennt man einen guten Nachhaltigkeitsfonds?

20.02.2019

Diese Frage ist auf Anhieb nicht leicht zu beantworten, wenn man einen Blick auf den Markt für Nachhaltige Geldanlagen wirft. Es herrscht eine Vielfältigkeit, um nicht zu sagen, ein Wildwuchs an Anlagestrategien. Da stehen auf der einen Seite hoch konzentrierte Investments wie z.B. ein Fonds für nachhaltige Aquakultur und auf der anderen breit aufgestellte Fonds ohne irgendeine Nachhaltigkeitsauswahl, die allerdings einen Teil der Verwaltungsgebühr an solidarische Projekte spenden und sich dadurch bereits nachhaltig nennen.

Forum Nachhaltige Geldanlagen als Garant für Transparenz

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) hat sich seit vielen Jahren u.a. zum Ziel gesetzt, Licht in dieses Dickicht zu bringen. So finden Anleger auf der Homepage des FNG (www.forum-ng.org) bereits umfangreiche und hilfreiche Informationen zu vielen Fonds. Im Transparenzkodex von Eurosif (dem europäischen Dachverband der jeweiligen nationalen Foren für Nachhaltiges Investment) oder in Fondsprofilen beschreibt der Fondsanbieter, wie sein Investmentprozess aussieht und wie er dabei Nachhaltigkeit berücksichtigt.

Vergleichbarkeit und Orientierung ist gefragt – Qualitätsstandard als nächster Schritt!

Um dem Anleger neben der Transparenz nun auch eine bessere Vergleichbarkeit und vor allem Orientierung zu ermöglichen, ist das FNG mit der Konzeption eines Qualitäts-Labels einen Schritt weitergegangen. Kerngedanke des Siegels ist, die Qualität eines Nachhaltigkeitsfonds mittels eines hochwertigen, ganzheitlichen und unabhängigen Auditverfahrens zu beurteilen und die Fonds je nach ihrer Qualität mit bis zu drei Sternen zu belohnen. Von Beginn an hat das FNG dabei hohen Wert darauf gelegt, dass alle Marktakteure an dessen Entwicklung mitarbeiten, nicht zuletzt um auch die Unabhängigkeit in der Ausgestaltung des Siegels zu gewährleisten.
In einem dreijährigen Prozess haben sich seit 2012 die verschiedensten Interessengruppen der Branche und der Zivilgesellschaft – Asset Manager, Asset Owner, Researchagenturen, Wissenschaft, Politik, NGOs, Verbraucherverbände, Kirchen, Stiftungen und Medien – in einer Arbeitsgruppe zusammengefunden und dazu beigetragen, dass die Anforderungen, die durch das Siegel gefordert werden, umfassend, ausgewogen, nicht diskriminierend und breit abgestützt sind.

Kooperation bewährter Kompetenzen

Umgesetzt wird dieses Projekt von der Gesellschaft für Qualitätssicherung nachhaltiger Geldanlagen (QNG), einer 100%igen Tochtergesellschaft des FNG, die 2015 eigens für das Siegel ins Leben gerufen wurde. Als Partner fungiert die Universität Hamburg. Die dortige Research Group on Sustainable Finance ist weltweit eines der grössten Know-How Zentren rund um die Nachhaltige Finanzwirtschaft mit fünf Lehrstühlen und 20 Forschern. Der dortige Leiter, Prof. Alexander Bassen, berät übrigens durch seine Mitgliedschat im Rat für Nachhaltige Entwicklung auch Frau Merkel und die gesamte Bundesregierung. Somit verbindet sich die 15jährige Fachkompetenz des FNG mit der dezidierten Erfahrung der Universität Hamburg im Bereich der SRI-Fondsqualität.

Mindestanforderungen: Waffen und Atomkraft sind tabu

Um das Siegel überhaupt erst zu erhalten, muss der Fondsanbieter verschiedene Mindestanforderungen erfüllen. Er muss im FNG-Nachhaltigkeitsprofil und Transparenzkodex seinen Nachhaltigkeitsansatz klar und präzise darstellen – beides ist transparent auf der Homepage des FNG einzusehen – damit interessierte Anleger diesen direkt nachvollziehen können. Ebenfalls ist nachzuweisen, dass er alle Titel im Portfolio auf Umwelt- Sozial- und Kriterien der guten Unternehmensführung hin analysiert, der drei zentralen Elemente der Nachhaltigkeit im Finanzbereich.
Ausschlüsse alleine reichen nicht, sind aber die Basis. Denn um das Siegel zu erhalten, darf der Fonds zudem nicht in Waffenhersteller, Betreiber von Atomkraftwerken, den Kohle- und Uranbergbau und bedeutsame Kohlverstromung investieren. Tabu sind überdies Investments in Unternehmen mit schwerwiegenden Verstößen gegen Menschenrechts- und Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und Korruption. Länder, die Menschenrechte nicht achten oder als korrupt gelten, dürfen ebenfalls nicht im Portfolio sein. Beispielsweise sind derzeit Staatsanleihen der USA ein NoGo.

Stufenmodell – je höher die Nachhaltigkeitsqualität, umso mehr Sterne

Wenn die erste Hürde der Mindestanforderungen überwunden ist, hilft ein Stufenmodell, um die Qualität des jeweiligen Nachhaltigkeitsfonds beurteilen zu können. In diesem Modell kann der Fonds bis zu 3 Sterne erhalten, abhängig von der erzielten Gesamtpunktzahl im Audit. Dafür schaut der Auditor auf viele unterschiedliche Ebenen, u.a.

• Wie glaubwürdig ist der Fondsanbieter? Hat er Richtlinien zum Klimawandel aufgestellt, beispielsweise das Verbot, in Kohle zu investieren? Hat er ein eigenes Nachhaltigkeitsteam, schult er seine Mitarbeiter und vergütet sie nachhaltigkeitsbezogen? Engagiert er sich in Initiativen, die das Themenfeld nachhaltige Geldanlagen weiter vorantreiben wollen?

• Wie gut sind seine Produktstandards? Erstellt er eigene Studien und Analysen zu Unternehmen oder Nachhaltigkeitsthemen, z.B. zur Verwendung von Palmöl? Lässt er sich extern von einem Beirat beraten oder diskutiert mit ihm neueste Themen wie die Feinstaubbelastung von Autos? Erklärt er öffentlich, warum er z.B. in ein bestimmtes Unternehmen investiert?

• Wie streng ist der Auswahlprozess? Schließt er weitere Branchen wie z.B. Tabak und Tierversuche aus dem Anlageuniversum aus? Konzentriert er sich auf die nachhaltigsten Branchen wie Erneuerbare Energien oder darf er auch in Öl und Gas anlegen?

• Ist der Fondsanbieter ein aktiver Investor? Nimmt er Rechte als Aktionär wahr, sprich: macht er Unternehmen auf schwache Nachhaltigkeitsaspekte aufmerksam? Stimmt er auch einmal gegen kontroverse Hauptversammlungsbeschlüsse? Oder führt er aktiv mit dem investierten Unternehmen einen Dialog, um die Nachhaltigkeitsleistung dieses Unternehmen zu erhöhen (Engagement)?

• Berichtet er öffentlich über die Nachhaltigkeitsqualität des Fonds, z.B. den CO2-Fussabdruck?

Je vielschichtiger ein Fonds auf den verschiedenen Ebenen aktiv ist, umso mehr Punkte bzw. Sterne erhält er.

Hohe Durchdringung der Analyse

Damit alle Anstrengungen des Fondsanbieters gewürdigt werden, findet ein intensiver schriftlicher und mündlicher Dialog zwischen Prüfer und Kandidat statt, der in seiner Ganzheitlichkeit und Analysetiefe seinesgleichen sucht. Es werden insgesamt mehr als 80 Fragen gestellt. Alle Prüfgespräche werden dokumentiert, die Ergebnisse vorab den Kandidaten präsentiert. Der Kandidat hat die Gelegenheit, zu den Prüfergebnissen Stellung zu beziehen. Daraus ergibt sich ein transparentes und nachvollziehbares Auditverfahren. Die Analysetiefe lässt sich exemplarisch daran festmachen, dass das Audit nicht nur allein auf das Vorhandensein eines Nachhaltigkeitsresearchs schaut , sondern auch ob dies intern oder extern geschieht, wieviel eigene ESG-Analysten der Asset Manager beschäftigt und wie deren Erfahrung auf den jeweiligen Nachhaltigkeitsgebieten ist – sicher manchmal zum Leidwesen einiger Fondsgesellschaften, aber mit gutem Grund, um der Seriosität und Aussagekraft des Siegels Ausdruck zu verleihen.

Geringere Informationskosten für Anleger

Der Einbezug aller Nachhaltigkeitsanstrengungen und der Infrastruktur des Fondsanbieters in die Analyse hat den großen Vorteil, dass der Anleger eine gewisse Beständigkeit der Portfoliozusammensetzung des jeweiligen Fonds voraussetzen kann. Denn wenn es hohe und tiefgehende Standards zur Titelauswahl gibt, bleibt die Nachhaltigkeitsqualität im Portfolio stabil bzw. ändert sich nur sehr begrenzt. Dies schafft Vertrauen in die Integrität des Fondsanbieters. Ein Investor muss nun nicht mehr regelmäßig prüfen, ob die einzelnen Titel noch in seinem Sinne nachhaltig sind. Das Vertrauen in die umfassende Analyse mithilfe des FNG-Siegels erspart Anlegern also Informationskosten.

Stetige Weiterentwicklung des Siegelkonzepts

Das Stufenmodell schafft einen Anreiz für besonders ausgeprägte nachhaltige Investmentstrategien. Durch die Berücksichtigung vieler Aspekte werden unterschiedliche Ansätze gewürdigt. Darüber hinaus wird der Wettbewerb um sog. Best-Practice gestärkt, der zur stetigen Weiterentwicklung des Konzepts beiträgt. Und letztlich trägt ein externes Komitee aus Wissenschaft, Kirche, Qualitätsmanagement und Zivilgesellschaft (NGO) dazu bei, dass Impulse zur Verbesserung der Methodik gesetzt werden.

Der Qualitätsstandard für Nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum.

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